„Heute gibt’s Ratte!“ Ziemlich zügig würden sich wohl die Tische in dem Restaurant leeren, dessen Küchenchef solche Botschaft verkündet. „Ungeziefer isst man nicht!“, weiß man doch schließlich.
Zwei Künstler aus Amsterdam sind da aber anderer Ansicht. Voller Überzeugung servieren sie Bisamratte, Krähenbrust und wildernden Knöterich. „Foodguerilla“ nennen die beiden ihr Projekt – und das trifft es auf den Punkt, denn Rob Hagenouw und Nicolle Schatborn führen gewissermaßen einen Kleinkrieg gegen Lebensmittelverschwendung. In einem kleinen niederländischen Gasthaus führen sie ihre Gästen an den Genuss von wahrlich exotischen Delikatessen heran, die andernfalls dem Abfalleimer zum Opfer fallen. Darunter zum Beispiel Wildgänse: Als Bewohner der Amsterdamer Flughafenregion gelten sie häufig als Störenfried für den einwandfreien Flugverkehr; über 10.000 Gänse werden daher jedes Jahr von Jägern geschossen oder von Tierfängern erstickt. Im Gegensatz zu den Deutschen finden die Niederländer eine Gans nicht sonderlich lecker. Die beiden Künstler sehen in den getöteten Wildgänsen jedoch verschenktes Potential – und tischen sie auf.
Krähen rupfen und Rennpferde essen
Um die Foodguerilla hat sich inzwischen ein Netzwerk gebildet: Jäger, Metzger, Köche und auch ein Bioladen sind mit im Boot, um Gans, Ratte & Co. an den Mann zu bringen. Bei Gourmetdinners und Workshops in wechselnden Restaurants kommen die Teilnehmer Krähen und Tauben näher: Es wird gerupft, gehäutet, ausgenommen. Außerdem sind Rob Hagenouw und Nicolle Schatborn mit Foodtrucks auf Märkten unterwegs und bieten dort zum Beispiel Taubenbouillon oder Fleisch von ausgemusterten Rennpferden an. Natürlich achten sie streng darauf, keine kranken Tiere zu verarbeiten.
Foodguerilla heißt Ideale verfolgen
Die Foodguerilla ist ein Extremum. Und genau damit ein wunderbares Musterbeispiel für ganzherzige Green Chefs! Rob Hagenouw und Nicolle Schatborn machen Punkte ausfindig, an denen Essbares als wertlos abgetan wird und wirken dem gezielt entgegen. Rentabel ist die Foodguerilla nicht – zu groß ist wohl doch die Skepsis vor vermeintlichem Ungeziefer und zu verinnerlicht sind die Deklarationen von wertvollem und wertlosem, abstoßenden Essen. Doch die beiden Künstler sind Idealisten und stehen aufrichtig für ihr Konzept ein. Die Bisamratte bieten sie kostenfrei an: Weil sie überzeugt sind.